WWWho3

ÜBER DAS SEHEN

Malte Steiner / Karsten Drohsel

„Befindet sich der Architekt daher nicht in der Realität, sondern in der Fiktion einer Gesellschaft, in einer antizipatorischen Illusion? Oder übersetzt er ganz einfach, was bereits da ist? In diesem Sinn möchte ich die Frage stellen: Gibt es eine Wahrheit der Architektur ‐ im Sinne einer transsensiblen Bestimmung der Architektur und des Raumes?“2

Die Installation WWWho3 besteht aus einem Computer, div. Lautsprechern und einer Video‐Kamera, die den Ausstellungsraum filmt und die Daten an den Computer sendet. Der Computer sendet die grafischen Daten des gefilmten Materials an zwei unabhängige Videoprojektionen in zwei verschiedenen Räumen, sodass der Aufbau das Beobachten und Interagieren der Besucher ermöglicht .




Einer der beiden Räume ist mit wenig Interieur und einer Projektionsfläche an der Wand ausgestattet, die mit einem Fensterrahmen umrahmt ist. Im zweiten Raum steht ein Modell des Ausstellungsraumes in dem die Kamera positioniert ist. Diesen Raum kann man im Modell durch eine Fensteröffnung betrachten und sieht die Besucher des Raumes, die auf einem kleinen Bildschirm im Modell erscheinen. Eine kleine Kamera im Modell nimmt das betrachtende Auge auf und überträgt das Videobild zurück in den ersten Raum, wo es stark vergrößert in den Fensterausschnitt projiziert wird. Allein durch das Vertauschen des Maßstabs wird in der Arbeit WWWho3 die Realität zur Fiktion. „Für das Auge und für den Intellekt ist das ein geistiger Raum der Verführung. [...] Diese Form der Illusion ist beabsichtigt: Sie ermöglicht durch die Destabilisierung der Wahrnehmung das Erzeugen eines geistigen Raumes und das Einführen einer Szenerie, eines szenischen Raumes“3 Um etwas sehen zu können, um am Spektakel zu partizipieren ist es notwendig sich zu zeigen. „Diese Fähigkeit, präsent zu sein und sich gleichzeitig unsichtbar zu machen, scheint mir eine grundlegende Eigenschaft zu sein. Denn es ist diese Form geheimer (Un)sichtbarkeit, könnte man sagen, die die Hegemonie der Sichtbarkeit höchst effizient herausfordert, diese Diktatur der Transparenz, in der sich alles sichtbar und dechiffrierbar machen muß, in der das ganze Problem darin besteht, den geistigen und visuellen Raum in Besitz zu nehmen, der dann nicht mehr der Raum des Sehens ist, sondern der Raum des Sichtbarmachens.“4

Doch vorsicht! Ist das Modell wirklich die originäre Abbildung des Raumes in dem der Betrachter steht?


2 Baudrillard, Jean: Architektur: Wahrheit oder Radikalität, Droschl, Graz‐Wien, 1999, S.9f.
3 Ebenda, S. 12.
4 Baudrillard, Jean: Architektur: Wahrheit oder Radikalität, Droschl, Graz‐Wien, 1999, S.14.



Bilder: Tranquillium